Immer mehr Sportlerinnen und Sportler verlieren die Motivation, auf das Sportgelände zurückzukehren. Denn die Corona-Pandemie macht einen gewohnten Vereinsalltag unmöglich.
„Sportanlage gesperrt“ – ein Schild, das auf Fußballplätzen immer wieder zu sehen ist. Der Naturrasen wird vom Platzwart gemäht und befindet sich in einem ungewöhnlich guten Zustand. Ein hellgrüner Teppich, ohne Schäden von Stollenschuhen und keine Ähnlichkeit zu dem berüchtigten „Acker“. Die Kabinen frisch saniert, ohne Spuren von Dreck, losen Kleidungsstücken oder dem Geruch der letzten Trainingseinheit. Das Vereinsheim verlassen und leergeräumt. So sahen die Vereinsgelände Deutschlands vermehrt zur Zeit der Pandemie aus.
Im Juli 2021 startete beim Amateurfußball die langersehnte Vorbereitung auf die neue Saison. Endlich wieder ein Zusammentreffen mit der ganzen Mannschaft. Seien es die gemeinsamen Albernheiten auf dem Weg von der Umkleide zum Platz, die zelebrierten Beinschüsse beim Aufwärmspiel „4-gegen-2“ oder das Abschlussspiel. Darauf mussten alle Spielerinnen und Spieler lange verzichten. Aufgrund der COVID-19-Pandemie wurde die vorherige Spielzeit vorzeitig abgebrochen. Ständig kam es zu neuen Verordnungen, die meist mit einem Lockdown verbunden waren. Der Vereinsalltag ist seitdem auf den Kopf gestellt. „Nach dem ersten großen Lockdown, bei der die Saison abgebrochen wurde, haben wir strenge Auflagen zum Trainingsbetrieb bekommen“, erinnert sich Tom Egeler, Spieler des SV Affstätt. „Wir durften keine Zweikämpfe führen, konnten die Kabinen nicht betreten, trainierten in Kleingruppen und zogen ein Zirkeltraining durch.“ Für viele Sportlerinnen und Sportler war es wie eine Erlösung wieder mit dem Training fortzufahren, doch auf lange Sicht gesehen fehlte ihnen etwas. „Wir haben uns alle gefreut, gemeinsam auf dem Platz zu stehen und Fußball zu spielen. Jedoch wurde es schnell langweilig, da es kein richtiger Fußball war“, sagt Egeler. Wie Egeler geht es vielen Sportlerinnen und Sportlern. Durch das gemeinsame Erleben, Erfolge und Misserfolge stärkt man soziale Kontakte und ist Teil des gesellschaftlichen Lebens. Es ist im Interesse der Vereine, sich nicht nur auf die Leistung zu konzentrieren, sondern auch Integration und Kontakte zu ermöglichen. So hält man den Verein und seine Mitglieder zusammen.
Dass Sportvereine während der Pandemie Sport anbieten können, ist auch dem Landessportverband Baden-Württemberg zu verdanken. Er ist die Dachorganisation der Sportselbstverwaltung in Baden-Württemberg und zu seinen Aufgaben gehört unter anderem die Vertretung der gemeinsamen Interessen des Sports und die Behandlung von Grundsatzfragen und Themen der Sportentwicklung. Während der Pandemie kommuniziert der Landessportverband regelmäßig mit der Politik und vertritt die Interessen der Sportlerinnen und Sportler. „Wir stehen nicht nur mit dem für den Sport zuständigen Ministerium für Kultus, Jugend und Sport in ständigem Austausch, sondern auch mit dem Staatsministerium, dem Sozial- und Umweltministerium sowie den weiteren Ministerien“, erklärt der LSV-Geschäftsführer Uli Derad. „Auf diesem Weg werden die drängenden Fragen angesprochen, die den Sport und seine Vereine betreffen.“
Nachdem man die vergangene Amateur-Fußballsaison komplett abbrechen musste, konnte Egeler die Hinrunde der aktuell laufenden Runde beenden. Seine Mannschaft belegt zur Winterpause den siebten Rang. Dabei steuerte der Stürmer achtzehn Tore bei. Auf vorgezogene Spiele aus der Rückrunde und auf die Hallensaison muss man jedoch wieder verzichten. „Die Situation ist für jeden etwas Neues. Es geht um unsere Gesundheit, deshalb können wir die Kontaktbeschränkungen nachvollziehen“, sagt Egeler. Benachteiligt von der Politik fühle man sich jedoch nicht, da im Vergleich zum Amateursport „der Profisport ein Geschäft ist. Zudem konnten die Maßnahmen in den Stadien gut eingehalten werden.“
Trotz der Einschränkungen und den immer wiederkehrenden Zwangspausen kehrten Egeler und seine Teamkollegen zurück auf den Platz und gingen ihrer Leidenschaft nach. Bis zu zwanzig Spieler treffen sich wöchentlich zum Training. Den Spaß, Fußball zu spielen, verlieren sie nicht. „Die Beteiligung am Training ist in unserer Mannschaft nahezu unverändert. Wir haben ein sehr junges und leidenschaftliches Team, sodass der Fußball eine große Priorität hat“, sagt Egeler. Andererseits gibt es viele Vereine und Mannschaften, die aufgrund der Pandemie Mitglieder verloren haben. Die Motivation wieder von vorne anzufangen, fehlt vor allem „den älteren Spielern, bei denen der Fußball nicht mehr eine so eine wichtige Rolle spielt“, erklärt Egeler. „Doch auch bei jüngeren Spielern schwindet die Motivation, da die vielen Unterbrechungen persönliche Ziele und Teamziele über Bord werfen. Das ist schon sehr ernüchternd.“
Zu Beginn der Pandemie war die Kritik von Vereinen sowie Sportlerinnen und Sportler groß. Man hat sich durch die Corona-Verordnungen der Politik benachteiligt gefühlt. Eine Situation, die für jeden neu und überfordernd war. „Anfangs war die Einschätzung natürlich schwierig, was erlaubt bleiben soll, damit das wirtschaftliche Leben einigermaßen aufrechterhalten werden kann, und was untersagt werden muss, damit ein weiteres Ansteigen der Infektionen verhindert werden kann“, sagt Uli Derad. „Mittlerweile haben die politisch Verantwortlichen mehr Erfahrung mit der Pandemie. Deshalb wird versucht den Vereinssport unter Einhaltung der geltenden Regeln weiter zu ermöglichen. Vor allem auch für Kinder und Jugendliche.“
„Man weiß nicht, wie es weitergehen wird. Wir hoffen, dass wir mitmischen können, damit alles wieder ins Alte zurückkehrt. Dass wir uns alle normal zum Kicken treffen können und den Virus endlich loswerden“, sagt Egeler. „Aber unsere Gesundheit steht an erster Stelle.“