Für den Sport bringt Noemi Peschel große Opfer. Am Wochenende in Clubs zu gehen, war daher kaum möglich. Der große Aufwand hat sich für die 20-Jährige gelohnt: Sie hat es in die deutsche Nationalmannschaft der Rhythmischen Sportgymnastik geschafft. SportSirene-Redakteur Luca Bertschinger sprach mit Peschel über ihren Werdegang, psychischen Druck und die perfekte Körperhaltung.
Frau Peschel, immer mehr Kinder bewegen sich zu wenig. Wie war das bei Ihnen? Musste man Sie zum Sport motivieren?
Ich war durch meine Mutter (Magdalena Brzeska gewann 26 Mal die deutsche Meisterschaft in der Rhythmischen Sportgymnastik, Anm. d. Red.), die zu diesem Zeitpunkt schon Trainerin war, sehr oft in der Halle dabei. Dort habe ich viele faszinierende Sachen gesehen, die ich selbst unbedingt können wollte. Daher musste man mich nicht motivieren, ich wollte einfach eines Tages das können, was ich Tag für Tag bei den Profis sah.
Können Sie unseren Lesern erklären, was Rhythmische Sportgymnastik ist?
Wir haben fünf verschiedene Geräte, zum Beispiel Keulen, mit denen wir auf der Turnfläche stehen. Dabei müssen wir unterschiedliche Kriterien erfüllen. Das geschieht entweder im Einzel oder in der Gruppe. Kriterien sind etwa unterschiedliche tänzerische Schritte, verschiedene Elemente mit einem bestimmten Schwierigkeitsgrad oder die Abstimmung untereinander, da wir die Geräte auch zueinander werfen. Konkret könnte man sagen, dass wir das Schwere so leicht aussehen lassen wie möglich.
Wie lange betreiben Sie diese Sportart schon?
Ich habe mit drei Jahren angefangen. Ich denke, dass drei bis vier Jahre das perfekte Alter ist, vor allem, um die Grundlagen zu erlernen. Wenn man so früh anfängt, fällt einem das Dehnen im Alter auch nicht mehr so schwer.
Schon zu Schulzeiten hatten Sie teilweise mehr als zehn Trainingstage pro Woche. Mussten Sie in Ihrer Jugend auf vieles verzichten?
Auf jeden Fall. Viel Zeit für Freizeit, Geburtstage oder Familienfeiern ist da nicht geblieben. Trotzdem habe ich durch den Sport so viele großartige Erfahrungen gesammelt, seien es Reisen zu Wettkämpfen oder internationale Freundschaften.

dem Band (Foto: © privat)
Es war Ihre persönliche Entscheidung vom Einzelwettbewerb in die Gruppe zu wechseln. Ist der mentale Druck jetzt höher, weil Ihre Leistung Einfluss auf andere hat?
Ehrlich gesagt habe ich mir im Einzel viel mehr Druck gemacht, da man dort allein im Mittelpunkt steht. In der Gruppe stehst du im besten Fall mit Freundinnen auf der Fläche. Wenn man dort einen Fehler macht, ist auch niemand sauer. Daher war die die Entscheidung für die Gruppe auf jeden Fall die richtige.
In der Rhythmischen Sportgymnastik wird nach dem sogenannten „Code of Points“ bewertet. Ein Aspekt dabei ist die Ausführung und dabei vor allem die Körperhaltung. Auf was wird dabei genau geachtet?
Vor allem darauf, dass die Knie und Arme gestreckt sind. Am wichtigsten ist aber, dass man Selbstbewusstsein ausstrahlt. Also: Schultern nach hinten, Kopf nach oben – und schon hat man eine ganz andere Körperhaltung.

Wie trainieren Sie die Haltung?
Wir haben jeden Tag zwei Stunden Ballettunterricht in unseren Trainingsalltag eingebaut. Dort wird verstärkt auf die richtige Körperhaltung geachtet und auch, dass man dieses Selbstbewusstsein ausstrahlt, das man für die Rhythmische Sportgymnastik braucht. In der Halle haben wir einen großen Spiegel. Vor diesen stellen wir uns und sehen selbst, wie wir rüberkommen oder ob das überhaupt gut aussieht, was wir gerade machen.
Sie selbst betreiben diesen Sport jetzt seit knapp 20 Jahren. Verursacht die Rhythmische Sportgymnastik, wie die meisten Sportarten, Verschleißspuren im Körper?
Das ist bei jedem Körper unterschiedlich. Meine Mutter hat den Sport auch gemacht und ist immer noch topfit. Ich selbst habe Hüft- und Rückenprobleme. Ich denke, irgendwas macht es schon mit einem, wenn wir uns jeden Tag den ganzen Körper verbiegen.
Haben Sie zum Abschluss noch einen Tipp oder eine konkrete Übung für unsere Leser, mit der jeder von uns im Alltag an einer guten Körperhaltung arbeiten kann?
Eine konkrete Übung für eine gute Körperhaltung habe ich nicht. Mir hilft es aber sehr, mich vor einen Spiegel zu stellen und selbst mal zu schauen, was ich verbessern kann. Das kann ich auf jeden Fall den Lesern empfehlen.
Anmerkung der Redaktion: Noemi Peschel hat ihre Karriere im Januar 2022 beendet.
- „Das Schwere so leicht wie möglich aussehen zu lassen“ - 27. Februar 2022