Borussia Dortmund ist Deutscher Fußball-Vizemeister. Dennoch musste Marco Rose seinen Posten als Cheftrainer räumen. In der gesamten Saison wurde von den Dortmunder Fans immer wieder gefordert, dass man Rose entlassen müsse. Die „Rose raus“-Sprechchöre nach dem Aus im DFB-Pokal waren nur eine der vielen Situationen, in denen die Fans unzufrieden mit „ihrem“ Trainer waren und dies auch lautstark äußerten. Dass Dortmund die Bundesligasaison an zweiter Stelle beendet, reicht für die meisten Fans nicht aus. Auch dass in den anderen Wettbewerben viele Verletzungen ein frühes Ausscheiden mit verursachten, man im Europapokal gegen einen Finalisten rausflog und im DFB-Pokal einer Zweitliga-Mannschaft unterlegen war, die über lange Phasen die Tabelle in der Liga anführte, entschuldigt für die Anhänger nicht das Abschneiden ihrer Mannschaft. Von den Fans wird immer ein Schuldiger gesucht. Und da Rose von Anfang an von den Dortmunder Unterstützern nicht mit offenen Armen empfangen wurde, wundert man sich nicht, dass er genau dieser Schuldige ist. Der Jubel um die Neuverpflichtung von Edin Terzic ist nun umso größer und kommt doch zugleich überraschend. Selbst BVB-Spieler Julian Brandt gibt zu, beim Frühstücken mit der Nachricht von Roses Rauswurf überrascht worden zu sein. Und auch einige der Fans, die die gesamte Saison nichts anderes gefordert hatten, sind plötzlich verdutzt über Roses Ende als Cheftrainer. Der Umgang, den Fußballfans an den Tag legen, ist bedenklich. Ob das dauerhafte Kritisieren und Schimpfen gegen den Trainer dem eigenen Verein wirklich hilft, ist hierbei fraglich. Es werden Sprüche ausgepackt wie: „Wenn ich so viel wie die verdienen würde und den ganzen Tag mein Hobby ausüben dürfte, wäre ich tausendmal besser“. Dieser oder ähnliche Kommentare kommen von den selbsternannten Fußballexperten in Deutschland, die ihren Bierbauch am Wochenende höchstens bis auf die Couch gewuppt bekommen und nichts Besseres zu tun haben als Fehler zu suchen, die sie natürlich nie gemacht hätten.
Ob man sich auch Müllmännern gegenüber so verhalten würde, wenn sie die Mülltonnen nach der Leerung nicht wieder richtig hinstellen oder Lehrern, wenn die Schüler ihre Hausaufgaben nicht machen? Wohl eher nicht. Doch wieso nehmen Fußballfans sich raus, dass sowas im Fußball in Ordnung wäre? Haben diese vermeintlichen Fans nicht auch mal einen schlechten Tag oder eine schlechte Phase in ihrem Leben? Und was würde ihnen in diesen Momenten wohl am meisten helfen? Von Menschen, die sie nicht kennen runtergemacht und beleidigt zu werden, dauerhaft kritisiert zu werden und keinerlei Unterstützung zu erfahren so wie Marco Rose? Nein, würde es nicht.
Marco Rose würde ein verändertes Fanverhalten jedenfalls nicht mehr helfen, zumindest nicht in Dortmund. Aber vielleicht schaffen es die Fußballfans in Deutschland – und das sind laut Statistiken 47,78 Millionen der insgesamt rund 88 Millionen Deutschen – mal ihren Umgang mit Trainern, Spielern und Verantwortlichen „ihres“ Vereins zu überdenken. Das würde nicht nur dem Sport guttun, sondern auch den Menschen, die in ihm arbeiten!
- „Raus mit ihm!“ - 8. Juni 2022