Instagram: Der Ort, wo unser Körper als Statussymbol gilt. Kurz und knackig: Es gibt viele Nutzer und Millionen Bilder. Persönlichkeiten posten perfekte Facetten und inszenieren Momentaufnahmen, die eine Sehnsucht in jedem Neider auslösen. Die Darbietung von machbarem Glück. Das vermittelte Bild, das „makellos“ ist. Immer im Hintergrund die vergessenen Apps, die retuschieren und kaschieren, um diese perfekte Illusion zu erschaffen. Beflügelt sind diejenigen, die Opfer unserer Konsumgesellschaft sind, auf der Suche nach einer Inspirationsquelle für ihren Lebensstil. Eine Studie der britischen Royal Society for Public Health aus dem Jahr 2017 zeigt, dass Instagram das soziale Netzwerk mit dem schlechtesten Einfluss auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit seiner Nutzer ist. Auswirkung auf die Gesellschaft sind verstärkt wahrnehmbar.
Gesundheitstrend – ein Risiko?
#Fitness, #Trainhard, #fitnessmotivation – ungefiltert und unzensiert. Die Motivation des neuen Fitnessidols bleibt im Verborgenen. Marketing-Trick, Selbstinszenierung, Gesundheitsbestreben von ausgebildeten Fachleuten und, viel häufiger noch, von Amateuren oder Selbstvermarktern. Deren Ziel? Keine professionelle Beratung, sondern viel eher Eigenwerbung. Ob tatsächlich für ein professionelles Fitness-Modell oder doch wieder nur für ein Diät Produkt geworben wird, bleibt unklar.
Klar ist jedoch: Ob der neue Instagram-Fitnessberater tatsächlich auch sportlich gebildet wurde, oder doch nur ein kleiner Pumper vom Fitnessstudio nebenan ist, kann man unmöglich herausfinden. Eine Welt mit unendlichen Dimensionen präsentiert oftmals vollkommen gegensätzliche Wahrheiten. Dazwischen steht der Ottonormalverbraucher mit seinem 40 Stunden Job und soll sich ein Bild davon machen, was jetzt eigentlich gut, was richtig und was vielleicht doch nur der nächste Marketing-Trick ist. Steckt hier bereits ein Risiko? Weniger offensichtlich, als eventuell von allen wahrgenommen. Doch wer läuft schon absichtlich in eine Bärenfalle?
Gesundheit – das Höchste Maß unserer Lebensqualität.
Dass schlank sein nicht gleich gesund sein bedeutet, ist spätestens nach Trends wie der „Thigh Gap“, der „Bikinibrücke“ oder der „Collarbone Challenge“ bekannt. Gemeint sind Magertrends, die bereits verstärkt im öffentlichen Diskurs thematisiert wurden und es deshalb bereits zur Aufklärung gekommen ist: Mager ist nicht gesund, so viel steht fest – Puh, Risiko beiseitegeschafft.
Die gesunde Alternative lautet dann wohl irgendwie so: Drei bis fünf Mal die Woche im Fitnessstudio ein Krafttraining absolvieren; einen ebenso gesunden wie straffen Körper antrainieren und dazu eine gesunde sowie ausgewogene Ernährung. Nicht ohne Grund weitet sich der Fitnesstrend in Deutschland laufend aus. Durch ausgedehntes Krafttraining verliert man nicht nur seine Fettpolster; vielmehr bietet Sport einen idealen Ausgleich zum monotonen Büroalltag. Dass nur Männer derweilen pumpen gehen dürfen, ist eine längst überholte Sichtweise. Viele Studien belegen, dass sich auch Frauen durch Krafttraining einen gesunden und straffen Körper antrainieren können, ohne (!) dabei wie ein muskelbepacktes Tier auszusehen. Ist der neue Fitnesstrend endlich der Schlüssel zur Gesundheit?
Dass Krafttraining gesund ist, steht hier nicht zur Debatte. Dass eine ausgewogene und bewusste Ernährung gesund ist, ebenso wenig. Dass Idole und Vorbilder eine motivierende und antreibende Funktion erfüllen, kann genauso als wahr angenommen werden. Was also ist hier eigentlich das Problem? Wo liegt unser so groß angekündigtes Risiko? Was wird hier eigentlich verzerrt, wenn nicht die Selbstwahrnehmung oder das Gesundheitsbild? Ok, über die Selbstwahrnehmung könnte man vielleicht eine neue Diskussion eröffnen. Machen wir aber nicht.
Instagram ein Risiko? Jein.
Der Schlüssel liegt tatsächlich in der Verzerrung. Instagram-Fitnessblogger haben (meist; hier wird niemand in eine Schublade gesteckt) das Ziel, so viele Personen wie möglich anzusprechen. Nicht wenige Fitnessblogger und Instagram-Influencer finanzieren ihren Lebensunterhalt mit ihren Businessmodellen und müssen ihn möglichst gut vermarkten. Hier gelten die Faustregeln: je einfacher ein Inhalt, desto leichter sein Konsum. Je einfacher ein Modell sich umsetzen lässt, desto besser wird es sich durchsetzen. Zahlreiche Fitnessblogs bieten 5-Minuten-Workouts, die man bequem von zu Hause aus absolvieren kann. Die Erwartung dabei ist, dass man denselben Körper bekommt, wie der Fitnessblogger. Dabei bedenken die wenigsten, dass eben diese Blogger ein persönliches Programm haben, das weitaus professioneller und komplexer aufgebaut ist. Diese fünf Minuten Minifitnessmodelle werden hauptsächlich von Frauen konsumiert. Riskant wird es, wenn Wochen sich in Monate und Monate sich in Jahre ohne wirkliche Fortschritte wandeln. Anfängliche Ergebnisse lassen sich nicht weiter steigern und führen zu Frustration: „Weshalb sieht sie so aus und ich bin immer noch ein kleines Hängebauchschwein?” Immerhin trainiere man ja nach dem Plan eines Instagram-Fitnessmodels. Diese Frustration führt leider häufig zu psychischen Erkrankungen und dem Gefühl, seine Ziele nicht erreichen zu können.
Realitätsverzerrung anstelle eines falschen Gesundheitsbildes also.
Sind Fitnessstudioprediger dann die wahren Helden auf dem Weg des risikofreien Trainings? „Lass dich nicht lumpen, geh pumpen!“ Dabei zeugt ein extrem massiver Körper nicht von einem gesunden Lebensstil, sondern von exzessivem Sportmissbrauch. Bei Frauen wohl auch von exzessivem Anabolikamissbrauch, sie sind rein biologisch gar nicht dazu angelegt, viele Muskeln aufzubauen. Ihr Testosterongehalt im Körper ist zehn Mal geringer als in dem eines Mannes – schneller Muskelaufbau gestaltet sich hier eher schwierig. Wir wollen hier nicht mit dem Finger auf den professionellen Bodybuilder zeigen, viele Muskeln stellen an sich kein Gesundheitsrisiko dar. Auf die Frage, woher man sein Fitnesswissen denn habe, werden die wenigsten antworten, dass sie sich dafür extra einen Personal-Trainer engagiert haben. Aushilfe bieten (Instagram-)Videos, Bilder mit Kraftübungen oder Posts mit semiprofessionellen Trainingsplänen. Ob der Instagram-Influencer dabei wirklich Ausgebildeter in seinem Fach ist, steht hier völlig außen vor. Das Hantieren mit hohen Gewichten führt dann zu gesundheitlichen Defiziten, wenn die Übungen falsch ausgeführt werden.
So. Und jetzt erklär mal bitte, wie dein Instagram-Fitnesstrainer dir bei deinen dritten Pull-ups sagen kann, dass du die Bewegung so dermaßen falsch ausführst, dass du noch im Rentenalter Schulterprobleme haben wirst.
Fakt: Es kommt zu beträchtlichen Schäden im Bewegungsapparat bis hin zu chronischen Schmerzen, wenn du deinen Körper falsch belastest. Dabei wird zu hohes Gewicht oder eine zu schnelle Gewichterhöhung genauso miteingerechnet. Fitness allgemein birgt viele Stolpersteine und Risiken mit sich und eine falsche Beratung kann fatale Folgen haben. Instagram-Trainer: Nein. Instagram-Inspiration: Ja.
Das Schöne ist: Technik lernt sich leicht. Wenn in Diätprodukte oder Fitnessstudios investiert wid, dann auch in einen vorrübergehenden Berater. Schön ist auch, dass zahlreiche Fitnessstudios kostenfreie Berater oder Trainingspläne anbieten. Eine bessere Alternative ist natürlich, mal in Technikbüchern zu blättern und sich genau aufzuschreiben, worauf geachtet werden muss. Der Mitbewohner kann dann kontrollieren, ob auch wirklich alle Haltungen und Bewegungen richtig ausgeführt werden.
Gesundheit als primäres Ziel und Instagram-Trainer als primäre Anlaufstelle lassen sich nur schwer und in Ausnahmefällen vereinen. Glaub uns, du bist kein Ausnahmefall. Deshalb geh raus und mach, wozu dich deine Instagram-Trainer inspiriert haben. Aber wenn du es machst, mach es richtig.
Leticia Ferreira Schmidt
Nathalie Waldenspuhl
Magdalena Heckner