Annika Bruhn ist eine deutsche Schwimmerin, die viele Erfolge vorzuweisen hat – unter anderem die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 2012 und 2016, mehrere Deutsche Meistertitel sowie die Goldmedaille bei den Europameisterschaften 2018 in Glasgow mit der 4×200-Meter-Freistil-Mixedstaffel. Im Interview mit dem SportSirene-Redakteur Patrick Perez berichtet die Freistil-Spezialistin von den Risiken, die sie bei ihrer Sportlerkarriere eingehen muss.
Wie sieht Dein Tagesablauf als Schwimmerin aus?
In der Regel besteht meine durchschnittliche Trainingswoche aus zehn Wassereinheiten und zusätzlich drei Krafttrainingseinheiten an Land. Meistens schwimme ich pro Einheit fünf bis sechs Kilometer. Ein normaler Trainingstag beginnt für mich meist um 6.00 Uhr morgens, da um 7.00 Uhr die erste Wassereinheit ansteht. Nach der ersten Wassereinheit folgt dann oftmals eine Athletik- oder Krafteinheit. Danach habe ich ein wenig Zeit zum Durchschnaufen, bevor es gegen 16.00 Uhr zur zweiten Wassereinheit des Tages geht.
Führt Dein strikt getakteter Trainingsalltag dazu, dass Du vorwiegend Kontakt zu Schwimmern hast?
Würde ich nicht sagen, ich habe auch ein Umfeld außerhalb des Sports, meinen Freund zum Beispiel. Tut mir persönlich ganz gut ab und zu aus dem straffen Schwimmalltag herauszukommen.
Entstehen für Dich gesundheitliche Risiken durch das hohe Trainingspensum?
Natürlich wird aufgrund des hohen Trainingspensums mein Immunsystem geschwächt und ich bin anfälliger für Krankheiten. Aus diesem Grund muss ich besonders auf meine Regeneration achten. Um meine Regeneration zu beschleunigen, versuche ich, meinem Körper über die Nahrung genügend Nährstoffe zu geben, um schnell wieder fit zu werden. Hinzu kommen noch tägliche Massagen nach Trainingseinheiten von unseren Physiotherapeutinnen im Verein. Ach ja, der Schlaf darf natürlich auch nicht zu kurz kommen (lacht).
Wie war dies in der Weihnachtszeit? Durftest Du Dir auch mal ein Plätzchen gönnen?
Natürlich darf ich mir auch mal etwas gönnen. Wichtig ist nur, dass ich es nicht maßlos übertreibe.
Welche Verletzungen treten im Schwimmsport am häufigsten auf?
Die häufigsten Verletzungen, die mir bekannt sind, sind Schulterverletzungen. Bei Brustschwimmern kommt es durch die hohe Belastung der Knie oft zu Knieproblemen, weil die Beinschlagbewegung im Brustschwimmen nicht gerade die natürlichste ist und man deshalb sehr aufpassen muss. Ich persönlich hatte zum Glück noch nie mit größeren Verletzungen zu kämpfen.
Viele Fußballbundesligaspieler in Deutschland leben von ihrem Sport. Wie ist das bei Dir?
Naja, leben kann ich vom Schwimmsport leider nicht. In Deutschland gibt es ab und zu Wettkämpfe, bei denen man sich ein bisschen Taschengeld verdienen kann, mehr aber auch nicht. Zum Glück bekomme ich Unterstützung von der Deutschen Sporthilfe, ohne die ich mir meine Wohnung und die Trainingslager nicht finanzieren könnte. Seit dieser Saison gibt es die International Swimming League (ISL), bei der ich beim Team „DC Trident“ unter Vertrag stehe. Im Rahmen dieses Wettbewerbs verdient man schon deutlich mehr Geld, zum Leben reicht das trotzdem nicht, da die ISL-Wettkämpfe dafür zu unregelmäßig sind.
Wie sieht die Vergütung bei der ISL aus?
In der ISL läuft es so ab, dass acht Schwimmer pro Strecke gesetzt sind, zwei pro Team. Die Teams bestehen aus internationalen Schwimmern und sind nicht nach Nationen unterteilt. Der Gewinner der jeweiligen Strecke erhält neun Punkte für sein Team, das wird dementsprechend herabgestuft. Der achte Platz erhält also noch einen Punkt. Pro gewonnenen Punkt habe ich 300 US-Dollar bekommen.
Du hast 2018 Dein Bachelorstudium in Sportökonomie abgeschlossen. Weshalb hast Du den Weg der dualen Karriere eingeschlagen?
Weil ich noch ein Leben nach dem Sport habe, bei dem eine abgeschlossene Ausbildung von Vorteil ist. Momentan mache ich zusätzlich noch einen Master mit dem Schwerpunkt Gesundheitsförderung. Mir hat der Sport in den letzten Jahren so viel Freude bereitet, deshalb war für mich schon früh klar, dass ich auch nach dem Schwimmen etwas mit Sport machen will.
Welche Pläne hast Du nach der Schwimmkarriere?
So richtig feste Pläne habe ich noch nicht, aber ich bin in so viele Städten gereist und habe meistens nur das Hallenbad gesehen. Diese Städte würde ich gerne nach meiner Schwimmkarriere besuchen, aber nicht zum Schwimmen, sondern als Touristin.
- „Leben kann ich vom Schwimmsport leider nicht“ - 19. Januar 2020