Was war das doch für ein Saisonfinale, das vergangenen Dezember in der Formel 1 stattgefunden hat. Zwei großartige Fahrer auf dem Höhepunkt ihres Könnens kämpften in der letzten Runde um den WM-Titel. Doch anstatt den Zweikampf zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton in Erinnerung zu behalten, drängt ein Makel ins Gedächtnis, der das Finale zu einer riesigen Kontroverse werden ließ. Rennleiter Michael Masi sorgte mit seiner strittigen Entscheidung, die überrundeten Fahrzeuge hinter dem Safety-Car doch vorbei zu lassen dafür, dass die Formel 1 eine ihrer eigenen Regeln brach. Laut dieser hätte das Safety-Car noch eine weitere Runde draußen bleiben müssen, nachdem die überrundeten Fahrzeuge vorbei gegangen sind. Allerdings ging das Safety-Car in der gleichen Runde an die Box, damit die Zuschauer vor den Fernsehern noch die letzte Runde unter grün und damit ein spannendes Finale zwischen Max Verstappen und Lewis Hamilton sehen konnten. Selbst Formel-1-Fahrer Lando Norris meinte danach in einem Interview, dass dies nur für das Fernsehen und die Show getan wurde.
Die Formel 1 beraubt sich so ihrer Glaubwürdigkeit. Dabei stellt das Saisonfinale nur die Spitze des Eisbergs dar. Auf der Suche nach neuen Fans, mit Hilfe der Steigerung der Unterhaltung, hat die weltgrößte Rennserie in den vergangenen Jahren kaum etwas unversucht gelassen. So gibt es seit 2018 eine Dokumentation mit dem Namen „Drive to Survive“, die die jeweils abgelaufene Saison im überdramatisierenden Stil rekapituliert. Neben solch harmlosen Maßnahmen für eine bessere Show wurden allerdings auch strittige Entscheidungen getroffen. In der vorangegangenen Saison wurde so beispielsweise der Funkkontakt zwischen der Rennleitung und den Teams live übertragen. Auch wenn die Formel 1 inzwischen entschieden hat, in der kommenden Saison auf diese Liveübertragung wieder zu verzichten, hat schon eine Saison ausgereicht um der Reputation der Rennserie zu schaden. Denn dadurch konnten Millionen Zuschauer vor dem Fernseher den „Basarhandel“ in Saudi-Arabien um die Startplätze zwischen Red Bull, Mercedes und der Rennleitung hören. Beim letzten Rennen in Abu Dhabi brüllte Toto Wolff in der entscheidenden Runde um die WM Michael Masi live im TV an. Sogar das Rennformat wurde im vergangenen Jahr angegriffen. Statt nur einem Rennen am Sonntag gab es bei drei Grand Prix-Veranstaltungen ein zusätzliches Sprintevent am Samstag, bei dem nichts außer eine endgültige Startaufstellung für das Rennen am Sonntag ermittelt wird. Diese Idee von Sprintrennen ist der Versuch, mit einem zweiten Rennstart künstlich Spannung zu erzeugen. Dennoch möchte die Formel 1 in den nächsten Jahren noch mehr Sprintrennen veranstalten.
Dabei braucht es solche künstlichen, spannungssteigernden Maßnahmen gar nicht. Die Formel 1 hat eines ihrer spektakulärsten Jahre hinter sich. Rennen wie der Grand Prix von Frankreich und der Grand Prix von Bahrain begeisterten alleine dadurch, dass die beiden besten Fahrer der Welt Rad an Rad um den Sieg kämpften. Darauf sollte die Serie aufbauen. Schon in der Vergangenheit beeindruckte die Formel 1 vor allem durch beeindruckende Ingenieurskunst kombiniert mit sportlich spannendem Racing. Dies sollte nicht in den Hintergrund rücken, um erzwungen Spektakel zu erzeugen und kurzfristig mehr Einnahmen durch mehr Zuschauer zu generieren. Denn nur ein nachvollziehbarer, fairer Wettbewerb kann ein nachhaltig interessantes Produkt liefern, an dem sich sowohl Teilnehmer als auch Zuschauer erfreuen. Langfristig betrachtet könnte die Formel 1 so von ihrem eigenen Profitwahn bedroht werden. Das sieht man alleine schon daran, dass es mittlerweile einen Grand Prix in Saudi-Arabien und einen in Katar gibt. Aber das ist eine andere Geschichte…
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