Der Fußball wird immer moderner und technisierter. Video Assistent Referee, kalibrierte Abseitslinien und Torlinientechnik sind mittlerweile feste Bestandteile. Die nächste Innovation könnte der „Knopf im Ohr“ sein, der die Kommunikation zwischen Trainer und Spieler deutlich erleichtern könnte. Diese Idee brachte ausgerechnet Bayern-Trainer Julian Nagelsmann ins Gespräch, der durchaus für sein lautes Coaching an der Seitenlinie bekannt ist. Er wünscht sich, dass die Trainer die Spieler per Headset direkt ansprechen können, wie es bereits in den USA im American Football für die Kommunikation zwischen Trainer und Quarterback üblich ist.
Die Umsetzung der Idee könnte im Fußball ähnliche Vorteile mit sich bringen. Die Funkverbindung würde die Kommunikation zwischen Trainer und Spieler deutlich vereinfachen. Der Trainer müsste nicht mehr quer über das Spielfeld schreien und könnte auch sicher sein, dass der Spieler ihn auch bei einer großen Geräuschkulisse versteht. Er müsste auch nicht mehr warten, bis sein Spieler bei einer Unterbrechung für taktische Gespräche an die Seitenlinie kommen kann. Stattdessen könnte er jederzeit Anweisungen geben und die Taktik oder Formation ändern, ohne dass der Gegner es mitbekommt. Ob die Trainer durch die Einführung der Headsets tatsächlich ruhiger werden, ist allerdings zu bezweifeln. Nagelsmann oder auch Jürgen Klopp sind bekannt für ihre Emotionalität an der Seitenlinie. Diese würden sie sicher nicht verlieren, sondern lediglich für taktische Anweisungen oder spezifische Rückmeldungen etwas ruhiger werden.
Im Gegensatz zu Nagelsmann ist BVB-Trainer Marco Rose von der Idee nicht überzeugt. Er findet, die Spieler müssten „eigenständige Entscheidungen treffen“ und hält wenig davon, „Roboter aus den Spielern zu machen“. Für seine Bedenken gäbe es allerdings einfache Lösungen. Zunächst wäre der „Knopf im Ohr“ kein Zwang. Teams, die ihn nicht nutzen wollen, müssten das auch nicht. Außerdem ist es nicht möglich, dass der Trainer jede Bewegung der Spieler steuert und diese nur noch „Roboter“ sind. Entgegen Roses Befürchtungen werden die Spieler nach wie vor eigene Entscheidungen treffen, könnten aber nach Abschluss einer Aktion oder in ruhigeren Phasen einfacher Rückmeldung vom Trainer erhalten.
Auch bei diesem Thema werden Fußball-Traditionalisten wahrscheinlich eine ablehnende Haltung einnehmen, sich beschweren, dass „der Fußball kaputt gemacht wird“. Aber ist technologische Veränderung wirklich schlecht? Gibt es nicht genug Beispiele, die belegen, dass die eine oder andere Veränderung im Fußball durchaus sinnvoll war? Ohne Veränderung und Modernisierung würden wir beispielsweise heute noch ohne Torlinientechnik spielen. Diese kommt zwar nicht so häufig zum Einsatz, sorgt aber für mehr Fairness und garantiert, dass ein Tor nur dann zählt, wenn der Ball hinter der Linie ist.
Bevor über den Einsatz von kleinen Headsets nachgedacht werden kann, müsste zunächst deren Umsetzbarkeit und Sicherheit erprobt werden. Dies könnte zunächst bei Turnieren der U-Nationalmannschaften oder der Klub-WM geschehen, wie es auch mit dem Video Assistent Referee der Fall war. Sollte sich die Technik dort bewähren, könnten wir schon bald auf eine neue Form der Kommunikation im Fußball blicken und gespannt sein, welche Veränderungen diese mit sich bringen wird.
- Knopf im Ohr - 17. März 2022