Fußballgolf ist Maßarbeit mit dem Fuß. Dabei sind Ballgefühl und taktische Raffinesse gleichermaßen gefragt. Ob als Freizeitvergnügen oder bei der Weltmeisterschaft – Fußballgolf verspricht Spaß pur. Ein Einblick in eine neue Trendsportart mit einer rasanten Entwicklung.
Pfullendorf, im Süden der Fußballrepublik. Ein Spielertunnel, an dessen Ende das helle Licht eines sonnendurchfluteten Sommertages eintritt. Leidenschaftliche Stadiongesänge ertönen aus einem Lautsprecher. Fußbälle werden nervös aufgeprellt. Dann betreten drei junge Männer mit erwartungsvollem Blick die Fußballgolfanlage. Vorfreude und Neugierde auf das, was sie erwarten wird, sind förmlich spürbar. Ein Gruß an das imaginäre Stadionpublikum, ein an die Mitstreiter gerichtetes, aufmunterndes „Auf geht’s, Jungs!“ – dann wird es ernst für die kleine Gruppe.
Auf rund 30.000 Quadratmetern erwarten die Drei 18 Bahnen, jeweils zwischen 30 und 130 Meter lang und mit den verschiedensten Hindernissen, wechselndem Untergrund und coupiertem Gelände. Dabei gilt es stets, den Fußball – ausgehend von einer markierten Abschlag-Fläche – mit einer möglichst geringen Anzahl an Kicks an der Zielfahne einzulochen. Ähnlich also wie beim „richtigen“ Golf, nur eben mit einem Fußball und dem Fuß, statt mit Schläger und Golfball. Fußballgolf – eine Kombination aus Fußball und Golf beziehungsweise Minigolf, die vor allem eines garantiert: jede Menge Spaß.
Seinen Ursprung hat die Sportart in Skandinavien, genauer gesagt in Schweden, wo bereits in den 1980er-Jahren die ersten Anlagen errichtet wurden. Nach Deutschland kam das Fußballgolfen erst im Jahr der Fußball-Heim-WM 2006, als im pfälzischen Dirmstein die erste Fußballgolfanlage der Republik erbaut wurde. Seitdem erlebt die Sportart in Deutschland eine rasante Entwicklung. Innerhalb kürzester Zeit wurden weitere Anlagen eröffnet. Neben zahlreichen inoffiziellen Plätzen, werden heute immerhin 28 Fußballgolfanlagen offiziell aufgeführt, die quer über das Land verstreut sind. Ein Ende dieses Wachstums ist aktuell nicht in Sicht, im Gegenteil: in regelmäßigen Abstand erscheinen neue Orte auf der Fußballgolf-Landkarte.
Die Anlage in Pfullendorf existiert seit 2012 und bezeichnet sich selbst gerne als „Deutschlands verrückteste Fußballgolfanlage“. Und tatsächlich fristet der Platz im Linzgau in gewisser Weise ein Exoten-Dasein unter den Fußballgolfanlagen in Deutschland: Die Bahnen sind kürzer, enthalten jedoch mehr Hindernisse und widmen sich jeweils einer bestimmten Thematik aus der bunten Welt des Fußballs, was entsprechende Infotafeln ebenso mit einschließt, wie passende Sound-Effekte. „Wir sehen uns als touristischen Betrieb. Die anderen Anlagen sind primär auf den Sport ausgerichtet, unsere mehr auf den Spaßfaktor“, erklärt Achim Sebök, Leiter der Pfullendorfer Fußballgolfanlage.
Bahn 6 auf ebendieser Anlage. Etwa elf Meter vom Startpunkt entfernt verhindert eine große, bunt bemalte Torwand freie Schussbahn in Richtung der Zielfahne. Ein etwa 15-jähriger Junge im Trikot von Borussia Dortmund schlenzt den Ball gekonnt durch eine der Torwand-Öffnungen und überwindet somit das Hindernis. Einen weiteren Schuss später liegt das Spielgerät nur noch wenige Meter vom Loch entfernt, das sich jedoch auf dem höchsten Punkt eines vulkanförmigen Hügels befindet. Der Junge atmet einmal tief durch, dann spielt er den Ball mit der Innenseite vorsichtig den kleinen Vulkan hinauf. Der Jubel ist groß, als der Ball erfolgreich eingelocht ist. Drei Kicks bei einem Par 4 – eine beachtliche Leistung.
Ballgefühl und Technik sind von großer Bedeutung für den Erfolg beim Fußballgolf. Dabei muss auch das Ausrollen des Balles mit einkalkuliert werden – kein Leichtes also. Zudem sind Konzentrationsvermögen und taktische Cleverness gefragt. „Vor allem Männer überschätzen ihre Fähigkeiten manchmal und riskieren zuviel“, erzählt Achim Sebök aus Erfahrung. Frauen hingegen seien mit ihrer oftmals vorsichtigeren Spielweise durchaus erfolgreicher.
Dass man beim Fußballgolf auch Spaß haben kann, wenn nicht alles rund läuft, beweist eine vierköpfige Familie an Bahn 11. Vater und Sohnemann haben ihr Spielgerät soeben eingelocht, die Mutter und ihre Tochter, die selbst noch nicht allzu viel größer als ihr Fußball ist, befinden sich auch bereits in unmittelbarer Zielnähe. Unter dem lautstarken Anfeuern der Kinder nimmt ihre Mutter Anlauf – und verfehlt ihr Ziel knapp. Das kleine Töchterlein entwickelt derweil ihre ganz eigene Technik: Nachdem sie mit voller Kraft gegen den Ball getreten hat, dieser aber auf halbem Wege zur Fahnen liegenbleibt, hat sie eine bessere Idee: Sie nimmt den Ball in beide Hände, läuft damit zur Zielfahne und wirft ihn ins Loch, was für einiges Gelächter bei ihrer Familie sorgt. Als auch die Mutter wenige Versuche später das Runde im Runden versorgt hat, ist die Freude riesig. „Wir spielen zum ersten Mal Fußballgolf. Wir brauchen zwar etwas länger für die Bahnen, aber es macht trotzdem großen Spaß“, erzählt sie begeistert und macht sich mit ihrer Familie auf zur nächsten Bahn.
Fußballgolf ist ein Sport für Jedermann. Ob Männer oder Frauen, jung oder alt, Fußballer oder nicht – die Sportart ist für jeden geeignet und bietet einen hohen Erlebniswert. Teures Equipment bedarf es dabei nicht, selbst die Fußbälle können vor Ort ausgeliehen werden. Auch die körperlichen Anstrengungen halten sich in Grenzen. Die Fußballgolfanlage in Pfullendorf zieht etwa 35.000 Besucher pro Saison an. „Fußballgolf ist im Kommen und wird immer bekannter“, freut sich auch Achim Sebök über wachsende Beliebtheit der noch jungen Sportart.
Wer allerdings glaubt, Fußballgolf beschränke sich auf Freizeitsport, irrt sich: Die Trendsportart wird ebenfalls als echter Wettkampfsport betrieben. Neben nationalen Verbänden, wie zum Beispiel dem Deutschen Fußballgolf Verband (DFGV), gibt es seit 2007 einen Weltverband, die World Footballgolf Association (WFGA). Diese sorgt für ein international einheitliches Regelwerk und gibt eine offizielle Weltrangliste heraus. Seit sieben Jahren finden jährlich Fußballgolf-Welt- und Europameisterschaften statt. Dabei werden bei Damen und Herren Wettbewerbe im Einzel sowie im Doppel ausgetragen. Das Besondere: Jeder kann sich anmelden und somit bei einer offiziellen Weltmeisterschaft mitmachen. „Das Niveau ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen“, erzählt Tobias Mathäß, Doppel-Weltmeister und Vize-Weltmeister im Einzel von 2013, und ergänzt: „Aufgrund der steigenden Teilnehmerzahlen wird es wohl schon bald Vorqualifikationen geben müssen.“ Bei der WM 2013 im schwedischen Alunda traten beispielsweise Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus rund 20 verschiedenen Nationen an. „Die Atmosphäre bei den internationalen Turnieren ist sehr freundschaftlich“, beschreibt Tobias Mathäß eine große, multinationale Fußballgolf-Familie.
Das Zentrum der Fußballgolf-Welt ist Europa: In Ländern wie Dänemark, Schweden, den Niederlanden, Spanien und Deutschland finden deshalb auch weitere große internationale Turniere statt. Nur wenige Akteure nehmen derweil an allen wichtigen internationalen Turnieren teil: „In Deutschland sind wir da zu viert oder fünft“, erklärt der 33-jährige Mathäß, der selbst eher zufällig zum Fußballgolfen kam. Zu groß sind der zeitliche und der finanzielle Aufwand, der mit Reisen in andere Länder verbunden ist, denn Preisgeld gibt es momentan noch keines. „Außer Ruhm und Ehre gibt es aktuell noch wenig zu gewinnen“, gibt Mathäß zu. Ihm selbst gelingt es inzwischen jedoch zunehmend, Sponsoren für seine große Leidenschaft zu gewinnen.
Zurück auf Bahn 18. Es ist die letzte Bahn für die drei jungen Männer, die rund drei Stunden zuvor aus dem Spielertunnel getreten waren. Ein letztes Mal heißt es volle Konzentration. Zwei von ihnen haben ihren Fußball bereits in dem kleinen Tor am Ende der Bahn versenkt, zu dem eine Rampe hinaufführt. „Himmelstor“ steht darüber geschrieben. Die Ausgangslage ist indes klar: Ist der Dritte im Bunde mit dem nächsten Versuch erfolgreich, bedeutet dies den Gesamtsieg für ihn. Der junge Mann schließt kurz die Augen, dann läuft er an … und trifft. „Halleluja“-Gesänge ertönen aus einem Lautsprecher, der glückliche Sieger feiert seinen finalen Schuss. Die anderen beiden haben ihre Niederlage jedoch schnell überwunden und sind sich einig: „Wir kommen definitiv wieder. Fußballgolf macht einfach einen Riesenspaß!“
Jonathan Dreier
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