Fünf Sekunden. Eine verschwindend geringe Zeitspanne möchte man meinen. Spricht man jedoch im Motorsport von einer Verbesserung der Rundenzeiten um bis zu fünf Sekunden, so erscheint dies unerreichbar.
Fünf Sekunden. Das war vor der laufenden Formel 1-Saison die als möglich eingestufte Verbesserung der Rundenzeiten im Vergleich zu den gemessenen Zeiten der Vorsaison. Nach den ersten sechs Rennen des diesjährigen Rennkalenders lässt sich sagen, dass diese Marke noch nicht geknackt wurde. Durchschnittlich 3,9 Sekunden schneller schießen die Boliden der zehn Teams über die Ziellinie. Und das, obwohl die Höchstgeschwindigkeiten der Autos auf den Geraden im Vergleich zum Vorjahr leicht abgenommen haben. Außerdem kommen die Wagen nach der neuen Vorgabe zum Mindestgewicht mittlerweile auf rund 722 Kilogramm, etwa 20 Kilogramm mehr als noch vor zwei Jahren. Nicht nur für Red Bull-Motorsportberater Helmut Marko wirken sie dadurch zu „lastwagenartig“.

Woher kommt dennoch die deutlich gesteigerte Rennpace?
Die niedrigeren Höchstgeschwindigkeiten auf den Geraden lassen die Antwort bereits erahnen. Den großen Zeitvorsprung fahren die neu konzipierten Autos in den Kurven heraus. Ganze 30 Stundenkilometer schneller als bisher kann etwa die dritte Kurve auf dem „Circuit de Catalunya“ in Barcelona durchfahren werden.
Grundlage für diese Steigerung waren Regeländerungen zur aktuellen Saison. Breitere Autos, breitere Reifen und ein neues Design. Die Formel 1 soll nach Jahren der Dominanz durch die Silberpfeile von Mercedes wieder spektakulärer und interessanter werden. Genau wie Front- und Heckflügel hat auch das neue Chassis 20 Zentimeter an Breite gewonnen. Die Reifen des Herstellers Pirelli legen um 25% zu, an den Vorderreifen von 245 auf 305 Millimeter und an der Hinterachse von 325 auf 405 Millimeter. Dadurch besitzen sie eine größere Auflagefläche als bisher, was in Kombination mit dem breiteren Chassis für besonderen Grip sorgt. Die auffällige, neu designte Heckflosse zwischen Heckflügel und Fahrer presst das Fahrzeug noch stärker auf die Straße. Dieser neu gewonnene Halt ermöglicht es den Fahrern, einige Kurven ohne nennenswerten Bremsvorgang zu durchfahren. „Manche Kurven werden gar nicht mehr Kurve sein, aber dafür körperlich anstrengend“, sagt der ehemalige Formel 1-Weltmeister und mittlerweile zurückgetretene Jenson Button über die neuen Möglichkeiten der Boliden.
Trotz der bisherigen Erfolge der neuen Regelungen stoßen die neuen Autos auch auf Kritik. Überholmanöver seien durch das Verbreitern der Fahrzeuge schwieriger geworden. Hiermit gehe der eigentliche Sinn der Regeländerungen verloren, bemängeln Kritiker. „Indem wir zu einem Auto übergehen, das enormen Abtrieb hat und aerodynamisch sehr komplex ist, wird das das Überholen schwieriger machen“, warnte Mercedes‘ Chefingenieur Aldo Costa bereits vor der Saison.
Die meisten Fahrer indes sind begeistert von ihren neuen Rennsemmeln. Ihnen imponiert vor allem der neu gewonnene Kurvenspeed. „Die Autos machen sehr viel Spaß“, bestätigt Felipe Massa (Williams). „Für die Fahrer ist es jetzt viel mehr wie 2006, 2007 oder 2008. Da hatten wir bereits viel Abtrieb. Es macht wirklich Freude.“
Auch in Sachen Sicherheit ist in den nächsten Jahren mit weiteren Änderungen zu rechnen. Demnach sollen die Fahrer von der kommenden Saison an durch eine PVC-Scheibe vor herumfliegenden Teilen geschützt werden. Schließlich hat bei allem Streben nach maximaler Geschwindigkeit die Sicherheit der Fahrer oberste Priorität.
Benedict Hottner
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