Der kurze Antritt, dann der Pass mit dem Außenrist genau in den Lauf des Mitspielers, das Ganze noch in Zeitlupe. Was für ein toller Spieler, welche tollen Eindrücke, was für ein tolles Video, was eine Eigenimagewerbung und vor allem: was für eine Reichweite.
8.876.803 Facebook-Nutzern gefällt Mesut Özil (Stand: Februar 2013). Der Regisseur der deutschen Fußballnationalmannschaft, der in dem Video „Özil mal anders: Eindrücke vom Frankreich-Spiel“ als Hauptprotagonist zu sehen ist, hat die Welt des Social Media für sich entdeckt – und weiß sie zu nutzen. Ein Klick und über acht Millionen Menschen können auf seiner Facebook-Seite das neue Video sehen. Doch nicht nur Videos sind dort zu finden: Der Deutsch-Türke postet Eindrücke von Spielen in vier verschiedenen Sprachen, Bilder seiner neuen Schuhe oder vom Bankett seines Clubs Real Madrid, Bilder von Reisen zur Nationalelf, Bilder von Vermessungen für seine Statue im Wachsfigurenkabinett von Madame Tussauds, Videos von Fotoshootings und, und, und. Er zeigt seinen Fans Eindrücke, die sie im Normalfall nicht zu sehen bekommen. „Social Media ermöglicht einen neuen Blickwinkel für die Fans. Sie bekommen dadurch exklusive Einblicke in das Leben ihrer Stars, die früher nicht möglich waren“, sagt Jochen Ritter, Social Media Redakteur des Fußballbundesligisten VfB Stuttgart. Ist „M1Ö“, wie sich Özil selbst gerne nennt, ein Star zum Anfassen? Ist das Interesse an Stars in sozialen Netzwerken grenzenlos?
Auch Sportstars, die nicht aus dem Fußball kommen, haben hohe Nutzerzahlen, die ihre Posts verfolgen: Der Basketballer Dirk Nowitzki hat über zwei Millionen, Tennisspielerin Andrea Petkovic knapp 70.000 und Formel 1 Weltmeister Sebastian Vettel über eine Millionen Fans auf Facebook. Auch in anderen sozialen Netzwerken wie Twitter und Google Plus haben die Stars Fans, doch lange nicht so viele wie auf Facebook. „Derzeit ist Facebook von den Klickzahlen noch die Nummer eins. Aber Google+ sollte nicht unterschätzt werden. Diese neue Social Media Plattform bietet den Vereinen für die Interaktion mit den Fans eine zusätzliche Möglichkeit.“, erklärt Ritter und bezieht sich dabei auf die Live-Videochat Funktion „Hangout on Air“. Bereits zwei dieser Hangouts führte der VfB Stuttgart bisher durch. Im Dezember 2012 stellte sich Daniel Didavi den Fragen der Fans und im Februar dieses Jahres war es Ibrahima Traoré, der die Fan-Fragen beantwortete. Aus welchem Land der Sportler kommt, ist ebenfalls wichtig, denn im Gegensatz zu den deutschen Spitzensportlern haben Superstars aus anderen Ländern noch höhere Klickzahlen, wie beispielsweise Sprint-Olympiasieger Usain Bolt mit 10,8 Millionen Usern, die seine Facebook-Seite „liken“.
Dass Sport in der Welt des Social Media aber nicht den größten Stellenwert hat, zeigt eine Statistik der Internetseite „fanpagelist.com“. Unter den Top 10 der Personen mit den meisten „Gefällt mir“-Klicks rangiert nur ein Sportler: Cristiano Ronaldo. Er liegt mit knapp 56 Millionen Facebook-Freunden auf dem fünften Rang. Zwar sind aus Musik- und Showgeschäft mehr Personen in dieser Rangliste vertreten, das Interesse an den Sportstars ist jedoch ungebrochen: Von Dezember 2012 bis Anfang Februar 2013 wuchs die Fangemeinde Mesut Özils um knapp 250.000 Personen, bei Basketballstar LeBron James sogar um fast 300.000 an.
Außer den Stars und ihren Agenten wissen um das Potential solch einer wachsenden Fangemeinde im Netz auch andere – zum Beispiel die Werbeindustrie. Nicht nur die Mannschaftsausrüster, die auf geposteten Trainingsbildern ihre Marken zur Schau stellen können, auch Modelabels, die Sportler für ihr Leben neben dem Sportplatz ausstatten und hoffen, dass die Stars auch Privatbilder veröffentlichen. Und die Werbenden gehen noch weiter, wie das Beispiel von Tennisspielerin Andrea Petkovic verdeutlicht. Sie liegt auf dem Startbild ihrer Facebook-Chronik provokativ mit der Flasche eines Mineralwasserherstellers da, als wenn es ihr ausschließlich um den Werbezweck gehen würde. Auch auf ihrem Profilbild schmückt sich die 25-Jährige mit einem Logo ihres Hauptsponsors auf der Brust ihres T-Shirts. So offensichtlich ist es bei den meisten anderen nicht zu sehen, doch auch hier wird ordentlich geworben. Sebastian Vettel mit dem Roten Stier auf dem Helm, oder Dirk Nowitzki mit seinem Chronikbild vor der Werbetafel der Dallas Mavericks. Diese Beispiele beweisen: Auch in der Werbeindustrie ist das Interesse an Sportstars grenzenlos. Um dies beizubehalten, müssen die Klickzahlen von den Stars weiter hochgehalten werden.
Wie schaffen es die Sport-Ikonen, ihre Fangemeinschaft weiter zu vergrößern, wenn doch viele wissen, dass die Seiten oft nicht von ihnen selbst, sondern von beauftragten Agenturen betreut werden? Mittlerweile ist das Potential von Social Media soweit ergründet, dass bei bekannten Sportlern daran gearbeitet wird, die Seiten authentisch zu gestalten. „Die Seite ist selbstverständlich authentischer, wenn die Sportler sie selbst betreuen“, sagt Social Media Redakteur Ritter, „das Problem sind die vielen Fake-Profile, die von Fans erstellt werden. Diese sind auf den ersten Blick, nur schwer von den echten zu unterscheiden.“ Um die Fans bei Laune zu halten, schicken Stars über Facebook-Verlinkungen Videos mit persönlichen Nachrichten an ihre Fans zum Stand der Verletzung, zur Einschätzung auf das nächste Spiel oder zur Stimmung der Mannschaft bei den letzten Heimspielen. „Es sollten aber keine Informationen gepostet werden, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind“, sagt Ritter. Doch durch Preisgabe von persönlichen Informationen und Einblicken in das Leben neben dem Spielfeld werden immer neue Facebook-Freunde gewonnen. Die steigenden Klick-Zahlen belegen das. Ein schmaler Grat also, auf dem sich die Sportstars wie Mesut Özil bewegen.
Die Seite von M1Ö beweist, dass derzeit das Interesse an Stars im Social Media grenzenlos ist. Neue Rekorde werden erreicht, die Fans und Facebook-Freunde honorieren persönliche Posts der Stars oft mit hunderttausendfachen Klicks auf den „Gefällt mir“-Button. Und da persönliche Posts immer besser ankommen, oft sogar in Fernsehsendungen und anderen Medien „als Zitate verwendet werden“, so Ritter, nimmt die Zahl der Veröffentlichungen auch stetig zu. Es ist wie ein Kreislauf, der letztendlich bestätigt: Eine Grenze ist derzeit nicht in Sicht, das Interesse an Sportstars ist im Social Media grenzenlos.
Florian von Stackelberg
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